Wer hat schon auf dem Zeiger, dass in dem Gewässer zwischen Römö und Sylt (Lister Tief) eine der entscheidenden Seeschlachten zwischen Schweden und Dänemark stattfand….
Der Kanonenhügel von Römö in Havneby kommt zunächst unspektakulär daher. Man muss schon gezielt danach suchen oder eben zufällig darüber stolpern, denn er liegt im Schatten vom Havneby Hafen, Havneby Kro und Einkaufszentrum. Die meisten Römö-Gäste werden vom endlosen Römö-Strand gelockt und kaum einer misst Römö eine größere historische Bedeutung bei. Zu unrecht? Tatsächlich gab während des 30-jährigen Kriegs eine der entscheidenden Seeschlachten zwischen Schweden und Dänemark im Wattenmeer zwischen Römö und Sylt (Lister Tief). Die königlich dänische Flotte wurde an Bord dabei von keinem geringeren als dem Thron-Inhaber König Christian IV selbst befehligt.
Zu den beiden Kanonen gibt es unterschiedliche Überlieferungen. Einige Quellen berichten davon, dass sie als Zeitzeugen der Seeschlacht im Lister Tief von 1644 aus dem Meer geborgen wurden. Andere Quellen berichten davon, dass Römös Handelsschiffe diese von den Schweden stahlen.
Unstrittig ist: Die ca. 750 kg schweren schwedischen Kanonen wurden mit 3 kg schweren Kanonenkugel beladen und erst 1932 zur Erinnerung an die Seeschlacht an diesem Ort aufgestellt. Sie sind ein guter Impuls, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und dürften als Verbildlichung Jung und Alt gleichermaßen faszinieren.
Dänemark hatte lange Zeit eine Vormachtstellung in der Ostsee inne und verlangte zwischen 1426-1857 von jedem nichtdänischen Schiff einen Schiffszoll für die Öresund-Passage bei Helsingör/Helsingborg. Seinerzeit war auch die schwedische Süd-Westküste dänisches Territorium. Diese Zölle trugen in erheblichem Umfang zur Finanzierung Dänemarks bei, rund 50% der Staatseinnahmen gingen aus diesen Zöllen hervor.
In Europa hatte sich ein vielfältiges Spannungsfeld aus Religion, Macht und Politik aufgebaut, welches sich im Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 entlud und durch den Prager Fenstersturz losgetreten wurde. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war zentraler Kriegsschauplatz, aber auch Spanien, Frankreich, Niederlande, Polen, Schweden, Norwegen, Dänemark und weitere Länder waren involviert.
Ein wesentlicher Konfliktherd war der Ostseeraum, deren Auseinandersetzungen auch als “Nordische Kriege” bekannt sind.
Der katholisch beeinflusste polnische König Sigismunds war als Nachfahre des schwedischen Königs ebenfalls Regent von Schweden. Im mittlerweile rein evangelisch-lutherischen Schweden revoltierten 1599 schwedische Adlige und setzten einen neuen schwedischen König (Karl IX) ein. Es folgte eine Serie von Polnisch-Schwedischen Kriegen.
Von der dänischen Zollerhebung (s.o.) angefixt, baute Schweden 1603 die Festung von Göteborg aus und wollte seinerseits auf Zolleinkünfte erheben.
Dänemark sah Schweden durch jene Kriege geschwächt, begann 1611 den Kalmarkrieg und ging siegreich daraus hervor, Schweden erlitt hohe Landverluste und wurde zu Kriegskontributionen von einer Million Reichstaler an Dänemark verdonnert, zu deren Tilgung man bis 1619 benötigte.
1635 machte sich Dänemark seinen wichtigsten Verbündeten (Niederlande) zum Feind, als der Sundzolls auch für niederländische Schiffe eingeführt wurde.
Daraufhin verbündeten sich 1640 die Niederlande mit Schweden und 1643 überfiel Schweden unter Feldmarschall Torstensson in einem ein Überraschungsangriff das zu Dänemark gehörende Holstein und Jütland.
Im Februar 1644 durchsuchten die Schweden 12 Handelsschiffe in Ribe und die Schweden zerstörten die große Handelsflotte vom bedeutenden Hafen Ribe bei Römö. Die Eroberung der dänischen Inseln konnte die starke dänische Marine zunächst verhindern.
Am 16.05.1644 kam es zur “Seeschlacht im Lister Tief” zwischen Sylt und Römö. Das dänische Flaggschiff Trefoldighed (48 Kanonen) mit 9 weiteren großen Kriegsschiffen im Gefolge überraschte die im Lister Tief ankernde vereinigte schwedisch-niederländische Flotte und blockierte die Durchfahrt zur Nordsee. 6 Stunden lang dauerten die Gefechte und forderten auf dänischer Seite 11 Tote und Verwundete, auf gegnerischer Seite mehr als 500. Erst 9 Tage später glückte den Niederländern bei Sturm die Flucht.
Am 01.07.1644 kam es zwischen Dänen und der niederländisch-schwedische Flotte zur großen “Seeschlacht auf der Kolberger Heide” vor Fehmarn und der Kieler Förde, wo sich die beiden Flotten mit 40 bzw. 34 Schiffen bekämpften. Schweden ging als Sieger hervor.
Unter französischer Vermittlung wurde am 13.07./23.08.1645 der Friede von Brömsebro geschlossen und der von Schweden ohne formelle Kriegserklärung begonnenen Krieg beendet. Schweden wurde von Sundzoll und Elbzoll befreit, erhielt einige norwegische Provinzen, Gotland und die Stifte Verden und Bremen. Dänemark verlor die Kontrolle über den Ostseehandel.
Der Kanonenhügel wird erst mit Kenntnis um die Seeschlacht vor Römö richtig interessant.